LSG Rheinstetten: Auf dem Weg zur CO²-Neutralität

In der Luftsportgemeinschaft Rheinstetten haben Klima- und Umweltschutz seit jeher ihren Platz. Für manches Naturschutzprojekt braucht es jedoch einen langen Atem und viele Schultern, die die Last tragen. Dann ist auch mal Überzeugungsarbeit gefragt. Ein Erfahrungsbericht von Roland Helfer, Erster Vorsitzender der LSG Rheinstetten.

„Gerade im Luftsport kann man es sich nicht leisten, immer erst auf Gesetze zu warten, mit denen man zum Handeln gezwungen wird. Man muss schon vorher etwas tun, um vom Umfeld akzeptiert zu werden“, findet Roland Helfer, Erster Vorsitzender der LSG Rheinstetten.

Diese Einstellung findet in vielen Nachhaltigkeitsprojekten der Luftsportgemeinschaft ihren Ausdruck und ist sicher mit ein Grund dafür, warum der Verbund bzw. die in ihm zusammengeschlossenen Aeroclubs FSV Karlsruhe, Akaflieg Karlsruhe und LSV Albgau bereits seit den 90er Jahren im Umweltschutz aktiv sind. Eine der ersten Maßnahmen war, die motorbetriebene Flugzeugflotte mit Nachschalldämpfern auszurüsten, um die Ohren der Anwohner zu schonen. Später kamen die Umstellung auf verbrauchsärmere Flugzeuge hinzu, die Umrüstung sämtlicher Beleuchtungsanlagen mit stromsparenden LED-Lampen, die Anlage von Blühflächen, jährliche Baumpflanzaktionen, die Anbringung einer Photovoltaikanlage auf einem der Hallendächer sowie die Anschaffung batteriebetriebener Buggys zum Ziehen der Segelflugzeuge.

Die erste Elektrowinde Baden-Württembergs

Das bei weitem aufwändigste Projekt, das die LSG aus Klimaschutzgründen in Angriff genommen hat, war der Kauf einer Elektro-Winde im Sommer 2022 – der ersten im „Ländle“. Mit dieser Anschaffung sorgten die Luftsportler überregional für Aufsehen und machten sogar den baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann neugierig. Der ließ sich im letzten Jahr dazu einladen, die Winde selbst einmal auszuprobieren. Mit Roland Helfer als PIC an Bord einer ASK 21 ließ sich der Politiker fast 500 Meter hoch in die Luft ziehen und genoss den ersten Segelflug seines Lebens.

Der Kauf und die Inbetriebnahme der Elektro-Winde waren selbst für einen relativ großen Zusammenschluss wie die LSG Rheinstetten ein Kraftakt. Wegen des hohen finanziellen Aufwands gingen der Entscheidung darüber intensive Berechnungen und Diskussionen voraus. „Ohne Spenden und Zuschüsse hätte sich die Investition aus finanziellen Gesichtspunkten für uns nicht gerechnet. Die Kosten für einen Windenstart wären zu teuer geworden“, berichtet Roland Helfer. Dabei hat er nicht nur die damaligen Anschaffungskosten für die Winde und die dazugehörige Telefonanlage in Höhe von insgesamt 123.500 Euro im Blick, sondern auch zusätzliche 30.120 Euro für die Verlegung eines 1200 Meter langen Starkstromkabels. „Spenden und Zuschüsse sollten bei so einem Projekt mindestens 25 Prozent der Gesamtsumme abdecken“, rät der Vereinsvorsitzende. Erst dann sei mit einer Refinanzierung innerhalb von zehn Jahren – der von der LSG gesetzten Messlatte – zu rechnen. „Wir haben die Kosten sogar zu 35 Prozent über Spenden und Zuschüsse decken können und mussten ‚nur‘ noch 100.000 Euro über Darlehen der drei Vereine dazugeben“, rechnet Roland Helfer vor.

Doch auch die finanzielle Unterstützung externer Stellen geschieht nicht einfach von selbst. „Es war mühsam“, gibt der Vereinsvorsitzende zu, „aber aus 38 Jahren Vorstandsarbeit kenne ich viele Quellen, die man anzapfen kann.“ Erfolgreich konnte die LSG Rheinstetten bei den Städten Karlsruhe und Rheinstetten, dem Stadtjugendausschuss Karlsruhe, der BBBank Karlsruhe und der Hellmut-Niethammer-Stiftung https://www.bwlv.de/verband-service/partner/niethammer-stiftung.html des Baden-Württembergischen Luftfahrtverbands für Unterstützung werben. Kleinere Summe erhielt die LSG durch Spenden von Privatleuten, beispielsweise von Unternehmern unter den Vereinsmitgliedern sowie von rund um den Flugplatz ansässigen Firmen.

 

Ein dritter wichtiger Faktor bei den Überlegungen zur Finanzierbarkeit der Elektro-Winde war deren geschätzte Auslastung. „Ursprünglich sind wir von 3.500 Starts pro Jahr ausgegangen. Tatsächlich sind es jetzt sogar mehr als 4.000. Unter 2.500 Starts wird es schwierig, einen vernünftigen Preis für den Windenschlepp zu erzielen“, meint Roland Helfer. Die Gebühren für einen Schlepp liegen bei der LSG Rheinstetten bei 3,50 Euro. Dazu kommt jeweils noch ein Euro Landegebühr, also insgesamt 4,50 Euro pro Start und Landung für den Piloten.

CO²-Neutralität bis 2025

Die Bemühungen der LSG um Nachhaltigkeit sind recht beeindruckend. Trotzdem soll es bei dem bisher Erreichten nicht bleiben. Noch in diesem Herbst wird ein weiterer E-Buggy ein Verbrennerfahrzeug als Lepo ersetzen. Auch über elektrisch betriebene Luftfahrzeuge denkt die LSG nach. Das sei jedoch Zukunftsmusik. „Die Technik ist noch nicht ausgereift“, gibt Roland Helfer zu bedenken. „Ein Flugzeug, dass nach einer Stunde in der Luft wieder an die Ladesäule muss, ist für uns nicht einsetzbar.“ Weit realistischer erscheint da das Ziel, in Kürze eines der Seilrückholerfahrzeuge durch ein leistungsstarkes Elektrofahrzeug der PKW-Klasse zu ersetzen. „Ein E-Scooter wie bei der Post würde leistungsmäßig schon ausreichen“, schätzt der Vereinsvorsitzende. Die dafür nötige Summe von cirka 10.000 Euro hat der Verein aber nicht einfach so übrig. „Wir suchen nach einem Sponsoren, der uns bei der Anschaffung unterstützt. Vielleicht könnte sogar die Post ein gebrauchtes Fahrzeug zur Verfügung stellen?“

Nachhaltigkeit lohnt sich

Für den Vorsitzenden der LSG Rheinstetten ist unstrittig, dass die Klima-, Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen eine gute Investition sind - nicht nur der Umwelt zuliebe. „2004 wurde unser alter Flugplatz geschlossen und wir mussten ein neues Gelände finden“, erinnert sich Roland Helfer. „Das heutige Gelände hätten wir vermutlich nicht bekommen, wenn wir im Umland, beispielsweise wegen unserer Lärmschutzmaßnahmen, nicht akzeptiert gewesen wären.“

Gleichzeitig weiß Roland Helfer, dass nicht jeder Luftsportverein in der Lage sein wird, alles, was im Bereich Klima-, Umwelt- und Naturschutz wünschenswert ist, auch umzusetzen. Dabei denkt er besonders an das bislang größte Projekt der Luftsportgemeinschaft dieser Art, die Elektro-Winde. „Man braucht schon einen großen Verein sowie zusätzlich Sponsoren, um so etwas zu stemmen. Es wäre Augenwischerei zu behaupten, jeder könne das leisten.“