Eine Herausforderung alleine bei der WM anzutreten
„Alleine dort anzutreten, war schon eine Herausforderung“, berichtet der Motorkunstflieger Gräf, der als einziger Deutscher angereist war. Zuerst habe sich die Anreise in die amerikanische Wüstenstadt verzögert und dann habe er auch nur zwei Trainingsflüge auf dem unbekannten Muster absolvieren können. Zudem teilte sich der Pilot, der erst seit Kurzem in der Wettbwerbsklasse Advanced startet, das Flugzeug mit vier anderen Teilnehmern. Kam noch dazu, dass das doppelsitzige Fluggerät, eine Extra 330LX (N808YF), nicht ganz so agil reagiert, wie die gewohnte Einsitzermaschine.
„Das war nicht nur eine logistische Herausforderung und zudem musste das Flugzeug musste auch häufig instandgesetzt werden – als dann auch noch die Haube zerborsten ist, lagen die Nerven völlig blank“, berichtet er. Ein anderer Pilot hatte sich während eines Trainingsfluges den Kopf an der Haube angeschlagen, sicherlich ein unbeabsichtigter Vorfall, aber trotzdem schmerzhaft. „Letztlich wurde dann eine Doppelsitzer-Haube aus dem Bundesstaat Colorado organisiert. Das bedeutete immerhin 14 Stunden Fahrt. Deshalb war unser Flugzeug auch erst am Nachmittag vor dem Wettbewerb startklar“, so Gräf.
Letzterer sei allerdings sehr gut organisiert gewesen und habe die Möglichkeit zu einem „erfrischenden internationalen Austausch gegeben. Viele Piloten waren mir schon von der EM in Deva 2021 und der WM in Breclav 2019 bekannt“, berichtet der deutsche Motorkunstflieger.
Als es dann am 25. Oktober ernst wurde, ging es für die 50 Teilnehmer in die erste der vier Flugaufgaben, in die Free-Known, die mindestens zur Hälfte aus vom Teilnehmer wählbaren Figuren besteht (Küranteil). Dazu kommen ebenfalls mindestens fünf Figuren aus für die Saison vorgegebenen (Pflichtteil); daher der Name: Free-Known.
Stürmisches Wetter verlangsamt Motorkunstflug WM
So sonnig man sich das Klima in Nevada auch vorstellen mag, so ungemütlich, sogar stürmisch kann das Wetter dort sein, was den Wettbewerbsablauf mehrfach in ein "slow-down" beorderte. Zu Recht reklamierten dann auch mehrere Teilnehmer, dass sie bei nach Regelwerk irregulären Bedingungen geflogen seien und forderten eine Wiederholung ihres Fluges. Spätestens hier zeigte sich, dass Kunstflug im Wettbewerb nicht einfaches rauf-und-runter-Fliegen ist, sondern einem strengem Regelwerk folgt, das die Meteorologischen Bedingungen ebenso klar beschreibt, wie die Grundlagen der Bewertung durch die in diesem Fall acht Schiedsrichterteams aus aller Herren Länder (ESP, GBR, FRA, NED, LTU, RSA, UKR, USA).
Corona hatte mehrere Versuche des Nordamerikanischen Kunstflugverbandes IAC vereitelt, eine Weltmeisterschaft auf den heimischen Kontinent zu holen, aber in diesem Jahr gab es dann kein Halten mehr. Las Vegas war gesetzt und der illustre Austragungsort hat möglicherweise dazu beigetragen, dass die vorläufigen Teilnehmerzahlen in ungeahnte Höhen schnellten, weit mehr Teilnehmerzahlen als in den letzten zehn Jahren zu einer Weltmeisterschaft gemeldet waren.
Gewohntes Bild: Frankreich dominiert – Duillard wird Weltmeister
Wer sich im internationalen Kunstfluggeschehen der letzten Dekaden ein wenig auskennt, weiß, dass wenn man am Ende französische Teilnehmer sucht, der Blick auf das Podium die Maßnahme der Stunde ist. Auch in Jean war es, allerdings mit Einschränkungen nicht anders. Mit Tommy Duillard stellte die Equipe de France den neuen Weltmeister in der Kategorie, mit Vladimir Gras auf Platz zwei und Jeremy Renard auf Platz vier der Gesamtwertung das siegreiche Team. Nicht mehr ganz überraschend ist das in den letzten Jahren zunehmend stabil-erfolgreiche Abschneiden des Rumänischen Teams.
Mit Dan Stefanescu auf Platz drei gesamt, Vlad-Alexandru Popescu auf sechs und George Rotaru auf elf belegten sie ungefährdet Platz zwei der Team-Wertung und konnten mit nur etwas mehr einem halben Prozent Abstand die Amerikaner auf Platz drei verweisen (Lincoln, Collins. Cilliberti). Martin Gräf konnte sich vom Ende des Feldes absetzen und beendete die Meisterschaft auf Platz 46 im hinteren Mittelfeld.
Weitere Besonderheiten der WM in Las Vegas – Melanie Astles auf Rang fünf
Was gab es sonst noch Besonderes bei dieser Weltmeisterschaft, außer dass sie in der Stadt der Spieler und Glücksritter stattfand? Seit vielen Jahren waren wieder zwei Doppeldecker bei einer FAI-Weltmeisterschaft im Einsatz, eine S-2S und auch eine S-1S hielten den Namen "Pitts" hoch, und wir erinnern uns, dass es Curtis Pitts war, der in den Vierziger-Jahren diesen erfolgreichen Kunstflugdoppeldecker entworfen hat.
Und sonst? Traurig muss man zur Kenntnis nehmen, dass in einem Feld von 50 Aktiven lediglich vier Frauen antraten. Immerhin eine, nämlich Melanie Astles (GBR), hat aber dabei die männliche Konkurrenz tüchtig aufgemischt und flog am Ende auf Rang fünf der Gesamtrangliste. Die beste Frau auf einer Weltmeisterschaft aber trotzdem eine Königin ohne Krone – das Kunstflugregelwerk der FAI kennt keine Geschlechtertrennung.