DAeC: Forderungskatalog an die Bundesregierung

Deutsche Piloten und Pilotinnen gehören international zu den erfolgreichsten Sportlern und Sportlerinnen der Welt. Eine Lobby in der Politik haben sie jedoch nicht – im Gegenteil. Der Vorstand des DAeC hat einen Forderungskatalog aufgestellt, der sich an die zukünftige Bundesregierung richtet und das Augenmerk auf die wichtige Funktion des Luftsports für Wirtschaft und Gesellschaft richtet.

Seit Otto Lilienthal im Jahre 1891 zum ersten aerodynamisch gesteuerten Menschenflug abhob, hat die Luft- und Raumfahrt einen beispiellosen Höhenflug erlebt. Der Luftsport hat dabei immer wieder wichtige Impulse zum technischen Fortschritt ausgesandt und beflügelt die gesamte Industrie bis heute durch beständige Forschung und Entwicklung in den Bereichen Aerodynamik, Flugführung und Fertigungstechnologie.

Darüber hinaus bietet der Luftsport vielen Menschen mannigfaltige Gelegenheiten für eine anspruchsvolle sportliche Betätigung, bei der Verantwortungsbewusstsein und theoretische Kenntnisse in der flugbetrieblichen Praxis zur Anwendung kommen. Insbesondere Kinder und Jugendliche profitieren davon und entdecken dabei oft eine Tätigkeit in der Luft- und Raumfahrtindustrie als erstrebenswertes Berufsziel. Fehlt es Jugendlichen beim schulischen Erlernen der sog. MINT-Fächer häufig an der Motivation, so ist deren Sinnhaftigkeit beim Erwerb technischer, navigatorischer und meteorologischer Kenntnisse offensichtlich und weckt die Neugier. Weitere Schulungen im Bereich des Luftrechts und der Human Factors runden das Spektrum ab.

Wir wollen, dass der Luftsport in Deutschland eine Zukunft hat und ein wichtiger Impulsgeber für die deutsche Industrie, Wirtschaft und Gesellschaft bleibt. Es ist höchste Zeit, dass der Luftsport auch hierzulande die dafür notwendige Anerkennung erfährt.

Unser Forderungskatalog

1. Nachwuchsförderung

Nachwuchsförderung im Luftsport ist gleichbedeutend mit der Förderung des Wirtschafts- und Industriestandortes Deutschland. Dem allerorts beklagten Fachkräftemangel, insbesondere im naturwissenschaftlich- technischen Bereich, kann so wirkungsvoll begegnet werden. Weit über 1100 DAeC-Luftsportvereine sind Orte, wo Generationen technikaffiner Nachwuchskräfte rekrutiert und herangebildet werden, wo Talente entdeckt, Interessen geweckt und technische sowie soziale Kompetenzen gefördert werden. All das ist nur durch den ehrenamtlichen Einsatz von Fluglehrern, Werkstattleiterinnen, Windenfahrern u. v. a. möglich und kostet trotzdem Geld für die Beschaffung, Wartung und den Unterhalt von Luftfahrzeugen, Luftsportgeräten und Bodenanlagen.

Ein Beispiel aus dem Segelflugsport, einer Sportart mit einem hohen Anteil Jugendlicher: Ein zeitgemäßes Segelschulflugzeug kostet bei Neuanschaffung mit allem erforderlichen Zubehör ca. 200.000 Euro, was für einen durchschnittlichen Verein mit 50 aktiven Mitgliedern eine Investition von 4000 Euro pro Kopf bedeutet.

Der DAeC hält damit die vollständige Infrastruktur für eine groß angelegte Jugendbildungsoffensive vor und stellt sie zur Verfügung.

Um möglichst vielen interessierten jungen Menschen einen Zugang zum Luftsport und zur Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten zu ermöglichen, fordern wir die Politik auf, Strukturen zu schaffen, die Investitionen der Wirtschaft in den Luftsport begünstigen.

2. Integration des Luftsportes in die berufliche Bildung

Die vorgenannten positiven Effekte einer „luftsportlichen Grundausbildung“ führen auch zu einer Höherqualifikation vieler Berufstätiger in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Die Luftwaffe unternimmt seit mehr als zehn Jahren mit allen Offizieranwärtern einwöchige Segelflugkurse, um das Gefühl für die dritte Dimension zu vermitteln und die Notwendigkeit intensiver Teamarbeit erlebbar zu machen. Auch Forscherinnen und Forscher, Fluglotsinnen und Fluglotsen sowie Verkehrspilotinnen und -piloten können von einer luftsportlichen Ausbildung oder Betätigung profitieren. Die Bundesmarine unterhält dazu ihr Segelschulschiff „Gorch Fock“.

Wir fordern, dass luftsportliche Betätigung in die Ausbildung zum Erwerb staatlicher Anerkennungen integriert wird.

3. Öffentliches Ansehen

Der Luftsport hat im derzeitigen politischen Mainstream und damit einhergehend in der allgemeinen Öffentlichkeit mit einem erheblichen Ansehensdefizit zu kämpfen. Die mediale Berichterstattung ist oft vorurteilsbehaftet und fehlerhaft. Wenn Flugzeuge und Luftsportgeräte, die sich häufig im Vereinsbesitz befinden oder von Haltergemeinschaften betrieben werden, aus Unkenntnis oder in absichtlich diskriminierender Weise als „Privatjet“ bezeichnet werden, hat das mit einer sachlichen Auseinandersetzung nichts gemein.

Wir fordern die Anerkennung des Luftsports mit seinen Erfolgen und einzigartigen Möglichkeiten zur Nachwuchsgewinnung für den Industriestandort Deutschland. Damit einhergehend fordern wir ein Ende der pauschalen und undifferenzierten Kritik an der Luftfahrt, die zu einer Schwächung unserer Wirtschaft und zu einer Verlagerung von Aktivitäten ins Ausland führt.

4. Finanzielle Förderung von Initiativen des Klima-, Umwelt- und Naturschutzes

Wir unterscheiden im Luftsport sieben Disziplinen: Segelflug, Modellflug, Motorflug, Ultraleichtflug, Drachen- und Hängegleiterflug, Fallschirm- und Ballonsport. Einige Disziplinen sind mehr, andere weniger oder gar nicht vom Einsatz fossiler Brennstoffe abhängig. Wir sind uns bewusst, dass sich besonders der motorgetriebene Luftsport noch erheblich weiter in Richtung „grüner" Luftsport entwickeln muss, beispielsweise durch umweltverträglichere Kraftstoffe oder Elektroantriebe. Wegen der speziellen Anforderungen der Luftfahrt ist dafür jedoch ein deutlich höheres technologisches Niveau als bei erdgebundenem Transport notwendig.

Längst haben die ersten Luftsportvereine damit begonnen, ihre Flugplätze mit Fotovoltaikanlagen auszustatten und in mit Naturstrom betriebene Motorflugzeuge, Elektrowinden u. Ä. zu investieren. Doch für die meisten Vereine sind solche Anschaffungen wegen der hohen Kosten unmöglich. Bislang sind Prämien, wie sie beim Kauf von E-Autos selbstverständlich waren, im Luftverkehr nicht einmal angedacht. Dadurch wird die Transformation hin zu umweltschonenderen Antrieben behindert.

 Wir fordern eine staatliche Förderung bei der Anschaffung von E-Flugzeugen, für den Bau regenerativer Stromquellen auf Flugplätzen und eine völlige Freistellung motorloser oder mit Elektroantrieben ausgestatteter Luftfahrzeuge von Betriebsbeschränkungen (z. B. Landeplatzlärmschutzverordnung).

5. Luftraum freihalten

Wir Luftsportler bewegen uns in einem komplexen öffentlichen (Luft)Verkehrsraum, den wir uns mit immer mehr anderen Nutzern teilen müssen. Dabei kommt es naturgemäß zu Interessenskonflikten. In der Folge wird der Luftraum für Luftsportler an vielen Stellen mehr und mehr begrenzt, auch durch Einrichtungen am Boden wie beispielsweise Windkraftanlagen in der Nähe von Flugplätzen. Hinzu kommen Tendenzen, die Nutzung des Luftraumes überwiegend an kommerziellen Interessen auszurichten, wie beispielsweise bei der Entwicklung des unbemannten Luftverkehrs (Stichwort Lufttaxis) – ein Ansatz, der sich voraussichtlich nur in sehr begrenztem Umfang als zukunftsweisend herausstellen wird. Sollten neu hinzukommende Verkehrsarten Anpassungsmaßnahmen der bereits existierenden erforderlich machen, erwarten wir bzgl. der dadurch verursachten Kosten die Anwendung des Verursacherprinzips.

Wir fordern, die Interessen des Luftsports bei der Gestaltung des Luftraumes zu respektieren und die Bereitschaft, im Konfliktfall einen für alle Nutzer akzeptablen Interessenausgleich herbeizuführen.

6. Bestandsschutz für Flugplätze

Luftsportler üben ihren Sport auf Modellflugplätzen, Hängegleiter-Startplätzen, Segelfluggeländen, Sonderlandeplätzen, Verkehrslandeplätzen oder auch Verkehrsflughäfen aus. Leider gibt es immer häufiger Bestrebungen, Flugplätze zu schließen, um sie anderweitig zu nutzen – als Gewerbegebiet, Solarpark o. Ä. Oft wird dadurch nicht nur die Ausübung des Luftsports unmöglich gemacht, sondern auch sinnvolle Infrastruktur, die zudem Tieren und Pflanzen als Schutz- oder Ruheraum dient, zerstört. Hinzu kommt, dass es in Deutschland heute schon beinahe unmöglich ist, neue Luftsportgelände zu erschaffen.

Wir fordern, die Interessen des Luftsports bei Entscheidungen, die die Existenz von Flugplätzen betreffen, zu berücksichtigen. Sollte eine Umnutzung von Flächen nicht zu vermeiden sein, ist in angemessener Entfernung für taugliche Ersatzflächen zu sorgen.

7. Staatliche Luftfahrtverwaltung modernisieren

In der staatlichen Luftfahrtverwaltung ist in einigen Bereichen leider eine gewisse Dysfunktionalität zu bemängeln. Eklatant tritt dies bei den oft monatelang, manchmal sogar jahrelang andauernden Bearbeitungszeiten medizinischer Flugtauglichkeitsentscheidungen durch das LBA zutage, die im europäischen Vergleich „einzigartig“ sind.

Wir fordern die Wiederherstellung der vollen Leistungsfähigkeit bei der staatlichen Luftfahrtverwaltung durch entsprechende Kontrolle und die notwendige finanzielle Ausstattung.

8. Zuverlässigkeitsüberprüfungen abschaffen

Als Folge des "11. Septembers" und anderer verbrecherischer Handlungen durch gewissenlose Einzeltäter wurde für alle Luftsportler, die Motorsegler oder Motorflugzeuge fliegen wollen, eine Zuverlässigkeitsüberprüfung eingeführt, die alle fünf Jahre aktualisiert werden muss. Diese Maßnahme hat sich in der Einschätzung vieler Experten als für die Terrorismusbekämpfung absolut untauglich erwiesen.

Auch in unserem eigenen Interesse unterstützen wir jede Initiative zur Verbesserung der Luftsicherheit – für Luftfahrer genauso wie für die allgemeine Öffentlichkeit. Untaugliche Maßnahmen, die bestenfalls einen falschen Eindruck von Sicherheit entstehen lassen, lehnen wir jedoch ab.

Wir fordern eine Überprüfung der Sinnhaftigkeit von Zuverlässigkeitsüberprüfungen (ZÜP) und ggf. ihre Abschaffung bzw. grundlegende Modifikation.

Der Vorstand des Deutschen Aero Clubs