Das neue Trainingskonzept der Sportsoldaten

Was verbirgt sich hinter der neuen Rahmentrainingskonzeption für den Segelflug? Wie sind die ersten Umsetzungserfahrungen in der Praxis? Frank Strewing, Co-Bundestrainer der Sportsoldaten, berichtet von seinen Erfahrungen nach den ersten drei Trainingszyklen, die nach der neuen Rahmentrainingskonzeption durchgeführt wurden.

Im Januar 2021 berief Bundestrainer Wolli Beyer einen neuen Trainerstab für die Sportsoldaten im Segelflug ein: Frank Strewing als Co-Bundestrainer, Marcus Dawert als Trainerassistent und Arnaud Hefter als Experten für Sport und Ernährung. Mit dieser personellen Ergänzung verband Wolli Beyer das Ziel, das Training der Sportsoldaten in Richtung Wettbewerb und Vorbereitung auf internationale Wettkämpfe zu optimieren. Dazu beitragen sollte auch die bis September 2022 entwickelte Rahmentrainingskonzeption, die unter der Leitung von Co-Bundestrainer Frank Strewing in den letzten zwei Trainingszyklen schrittweise umgesetzt und ausgewertet wurde.

Bausteine des Sportsoldatentrainings

Den Schwerpunkt des Trainings nach der neuen Konzeption bildet eine gesunde Mischung aus Wettbewerbs- und Streckenflugtraining. Neben den relevanten segelfliegerischen Aspekten wie Taktik und Strategie beinhaltet das Konzept umfangreiche Anteile körperlicher Ertüchtigung und mentaler Optimierung. Wesentliche Bausteine sind:

  • Ein klar strukturiertes Training mit standardisierten Briefings, bestehend aus Aufgaben, wie sie auch in Wettbewerben gestellt werden. Im anschließenden ausführlichen Debriefing werten die Trainer, gemeinsam mit den Sportsoldaten, die Ausführung der Trainingsaufgaben aus und analysieren den Trainingserfolg. In diesem Zusammenhang hat Marcus Dawert seine jahrelangen Erfahrungen als aktiver Jetpilot sowie als Wettbewerbsflieger an die Erfordernisse des Segelflugs angepasst und in bislang nie dagewesener Qualität in das Konzept einfließen lassen.
  • Erzielung von Synergieeffekten durch gemeinsame Trainingseinheiten von Mitgliedern des C-Kaders und den Sportsoldaten. Durch die von Bundestrainer Wolli Beyer initiierten gemeinsamen Trainings konnten bereits erste Erfolge bei der Harmonisierung der Trainings beider Gruppen erreicht werden.
  • Optimierung der körperlichen Fitness durch Sporteinheiten, den Einsatz von Fitnesstrackern und Ernährungsberatung. Durch Stabilisierung der körperlichen Fitness sollen die Piloten in die Lage versetzt werden, mit ihren physischen Ressourcen besser zu haushalten, besonders während des Fluges. An dieser Stelle hat Sportwissenschaftler und Ernährungsberater Arnaud Hefter wichtige Erkenntnisse aus dem Flugmedizinischen Institut der Bundeswehr in das Training eingebracht.
  • Mentales Training als fester Bestandteil des täglichen Trainingsablaufs, um Stressphasen im Wettbewerb besser zu meistern und schlummernde Leistungsressourcen bei Bedarf optimal abrufen zu können. Mit Veronika Eva Strewing (Wingwave Wachtberg) wurde hier ein Partner mit jahrelanger Erfahrung als Wingwave®/NeuroRessourcen® Coach und NLP-Trainerin gewonnen.
  • Aufstellung eines Jahresprogrammes mit Trainingslager (u. a. in Südafrika), Wettbewerben sowie einer Fluglehrerausbildung zur Generierung von dringend benötigtem Trainernachwuchs. Ein solches Programm macht Spaß und fordert, ohne zu überfordern.
  • Vielseitigkeit und Abwechslung der Trainingsaufgaben, damit die Freude am Segelfliegen bei allem sportlichen Ehrgeiz nicht zu kurz kommt.
  • Kameradschaft, ein Trainer-Sportler-Verhältnis auf Augenhöhe und die gemeinsame Organisation des Alltags im Trainingslager bilden den Kern der Teamfindung bzw. des Zusammenwachsens als gut funktionierendes Team.
  • Fortschritt und Nachhaltigkeit des Trainings werden durch individuelle „Progression Sheets“ (Lernfortschrittsbögen) dokumentiert und analysiert.
  • Last not least: Eine ständige Evaluierung und flexible Anpassung der Rahmentrainingskonzeption an neue Erkenntnisse und sich ändernde Erfordernisse.

 

Knappe Ressourcen als Herausforderung

Die Einführung der neuen Rahmentrainingskonzeption trifft auf eine schon seit Jahren angespannte Haushaltslage der Bundeskommission Segelflug, welche die sportfachliche Verantwortung für die Sportsoldaten innehat. Mit der Aufkündigung der Unterstützung durch den Förderverein der Sportsoldaten Anfang 2021 wurden die ohnehin schon knappen Mittel weiter signifikant gekürzt.

Gelöst werden konnte das Problem durch umfangreiche Unterstützung seitens der Bundeswehr Flugsportvereinigung. Das Trainerteam besteht aus drei aktiven Soldaten, die für das Training der Sportsoldaten im Rahmen der dienstlichen Abkömmlichkeit unterstützen. Ergänzend wurden das Regelungswerk zur Förderung des Luftsportes in der Bundeswehr angepasst. Darüber hinaus war es in diesem Jahr erstmals möglich, Reservedienstleistende wie z.B ehemalige SpoSos einzuberufen, die gezielt Trainingsmaßnahmen unterstützen. Markus Wendling, ein ehemaliger Sportsoldat aus den 90er Jahren, sowie Jan Jens Reinecke, Sportsoldat des Jahrgangs 2021, standen als Trainer beziehungsweise Nachwuchstrainer zur Verfügung und leisteten wertvolle Beiträge im Trainingslager in Vinon-sur-Verdon. Darüber hinaus wird die Ausbildung der Sportsoldaten durch die Bundeswehrflugsportvereinigung bezuschusst.

Seit dem Jahrgang 2023 ist Segelflug nun militärische Sportart, um bis zur vier Förderplaetze langfristig sicherzustellen.

 

Ergebnisse

Dass der Sportsoldaten-Ansatz zur Förderung des segelfliegerischen Nachwuchses im Spitzensport bereits in der Vergangenheit sehr erfolgreich war, beweist der große Anteil ehemaliger Sportsoldaten unter den deutschen Leistungssegelflieger. Will man das Niveau im internationalen Vergleich halten, muss diese Form der Förderung erhalten bleiben und stetig optimiert werden.

Darüber hinaus zeigen erste Erfahrungen nach zwei Trainingszyklen, dass der Erfolg der Sportsoldatenförderung ausbaufähig ist: Das Konzept trägt, da seit 2021 sich Sportsoldaten erfolgreich für die Deutsche bzw. auch internationale Meisterschalften weiter qualifizieren konnten. Auch sind bei freien Streckenflügen einige 1000 er zielt worden.

Co-Trainer Frank Strewing zieht Bilanz: „Mit der neuen Rahmentrainingskonzeption haben wir bereits jetzt viel erreicht. Weitere Ideen befinden sich in der Umsetzung. Darüber hinaus wird aber entscheidend sein, dass wir uns im DAeC zu dieser Spitzen- und Breitensportförderung bekennen und entsprechende Ressourcen bereithalten. Das erfordert auch strukturelle Änderungen, beispielsweise im Bereich der Organisation und der Finanzierung, um nicht Gefahr zu laufen, unseren internationalen Status Quo im Segelflug zu verlieren.“

Der neue Trainerstab

Im neuen Team ergänzen sich die unterschiedlichsten Erfahrungen und Kompetenzen, die in das Training einfließen:

  • deutsche und internationale Wettbewerbs- sowie Streckenflugerfahrung
  • Kenntnisse über neueste sportwissenschaftliche Konzeptionen
  • Umsetzung von Methoden zur physischen und mentalen Leistungssteigerung sowie zur Stressreduktion
  • eine dem Leistungssegelflug angepasste Ernährung
  • langjährige konzeptionelle und planerische Fähigkeiten in der Durchführung von Trainings
  • umfassende Erfahrungen in der organisationsübergreifenden Zusammenarbeit

Stimmen zur Umsetzung des Rahmentrainingskonzepts

Katrin Senne

„Im März hatte ich die Möglichkeit, eine Woche zusammen mit den Sportsoldaten in Vinon-sur-Verdon zu verbringen, wobei ich mir Einblicke in die Arbeit des Teams vor Ort verschaffen konnte. Mein Eindruck ist, dass das neue Konzept sehr gut strukturiert und aufeinander abgestimmt ist. Das Team an Trainern und Coaches zeigte sich äußerst motiviert und verfügt über viel Erfahrung, die nötig ist, um eine Gruppe junger Sportsoldaten zu coachen. Während des Trainings faszinierte mich die Abwechslung der verschiedenen Bestandteile. Mentales Training, Sport, Theorie, Briefings und Debriefings sowie der gesellige Teil am Abend stellten genau die richtige Mischung dar. Für junge Sportsoldaten ist es sicher ein Privileg, ein solches Trainingskonzept mit diesen Möglichkeiten erfahren zu dürfen.” 

Markus Wendling

„Fast auf den Tag genau 30 Jahre nach meiner aktiven Sposo-Zeit erhielt ich die Möglichkeit, als Reservedienstleistender der Bundeswehr zurück nach Vinon zu reisen, um meine über die Jahre gesammelte Erfahrung in den französischen Alpen weiter geben zu dürfen.

Neben meiner vielfältigen Erfahrung als Gebirgspilot, die ich in das Training eingebracht habe, habe ich auch den Morgensport durchgeführt. Dabei habe ich mich durch das sehr stimmige Rahmentrainingskonzept für meine zukünftige Fliegerei inspirieren lassen.

Ich möchte mich für die sehr intensive Zeit bei den Sportsoldaten, dem Trainerkreis – insbesondere bei Frank – sowie der Bundeswehr und der Bundeskommission Segelflug bedanken. Das Konzept und die sehr professionellen Leistung der Trainer hat mich tief beeindruckt und wird Anwendung in meine eigene Arbeit als Trainer finden.“

Jan Reineke

„Das neue Konzept orientiert sich erfolgreich an der Rahmentrainingskonzeption. Die neuen Abläufe haben bereits in den steilen Lernkurven der diesjährigen Trainingsteilnehmer Wirkung gezeigt. Besonders die intensiven Briefings und Debriefings haben die Workload im Flug deutlich reduziert, sodass mehr Zeit für die wesentlichen Trainingsinhalte übrigblieb. Dies steht im Zusammenhang mit dem übergeordneten „Targeted Training“, welches aus der Jetfliegerei kommt und auch im Segelflug anwendbar ist. So werden Erfolge mess- und reproduzierbar. Ergänzt durch mentales Training mit Visualisierung kann das komplette notwendige Spektrum des Leistungssegelfluges abgebildet werden.“