Als Neueinsteiger bei der 32. Deutschen UL-Meisterschaft

Ein Erfahrungsbericht von Martina und Johannes Schuler über ihre Premiere bei einer Deutschen UL-Meisterschaft.

Die Siegerehrung (v. l. n. r.): Der Bürgermeister von Bad Saulgau, Raphael Osmakowski-Miller, gratuliert Johann und Martina Schuler. Mit dabei: Wetbewerbsleiter Michael Kania. Foto: Rainer Krumm

v. l. n. r.: Johann Schuler, Martina Schuler, Rainer Krumm, Michael Kania. Foto: Rainer Krumm

Trike-Kniebrett mit Luftfahrt-Generalkarte 1:200.000 und angeklebten Fotos. Foto: Rainer Krumm

Unsere Maschine D-MWGG im Landeanflug auf Piste 30 in EDTU; am Pistenrand das DM-Team. Foto: Rainer Krumm

(v. l. n. r.): Rainer Krumm inspirierte Johann und Martina Schuler zur Teilnahme an der DM. Foto: Rainer Krumm

Bildobjekte, die beim Fotoflug gefunden werden mussten. Foto. Rainer Krumm

Ein maßstabsgetreues, flexibles Lineal, handmade. Foto: Martina Schuler

Vorbereitung auf den Fotoflug. Foto: Martina Schuler

Wir, Martina und Johannes Schuler vom Sport- und Segelfliegerclub Bad Waldsee-Reute (SSC), wurden über einen Bericht von Rainer Krumm, ebenfalls Mitglied beim SSC, auf die Deutsche UL-Meisterschaft aufmerksam. Er selbst hatte schon an etlichen Wettbewerben teilgenommen und erzählte davon beim sogenannten „WWG – Wieder was gelernt“, einem Format, bei dem Mitglieder des SSC ihre Erfahrungen an andere weitergeben.

Rainer Krumm warb für die Teilnahme an der 32. UL-Meisterschaft in Bad Saulgau EDTU, die quasi direkt vor unserer Haustür stattfand. Für uns war das ein Grund mehr, sich dort anzumelden – zum ersten Mal, als Neueinsteiger.

Mit einem klammen Gefühl betraten wir den Hangar in Bad Saulgau - einen Tag, bevor es richtig losging. Dort saßen bereits einige Wettbewerbsteilnehmer an Bierbänken und -tischen und befassten sich mit der Übungsaufgabe des Tages, einer Kirchturmtour im „Ländle“. Schließlich machten sich die ersten auf den Weg, während andere noch über den Aufgaben brüteten: Kursbestimmen, Wetterverhältnisse prüfen, TAS festlegen, Anfertigen eines flexiblen Maßbandes für die LUGEKA-Generalkarten im Verhältnis 1:200.000, sich mit den Wettbewerbsbedingungen vertraut machen usw.

An diesem Tag, drei Tage vor dem Start der DM am 12. September, war Freies Fliegen angesagt, eine freiwillige Aufgabe. Wir meldeten uns an, registrierten uns in den Whats-App-Gruppen, in denen man sich rund um die Meisterschaft austauschen konnte, und lernten uns gegenseitig kennen.

Neben vielen „Erstlingen“ gab es auch die „Alten Hasen“, die schon jahre-, sogar jahrzehntelange Erfahrungen mitbrachten. Von denen wollten wir natürlich wissen, wie sie sich auf die Touren vorbereiten, welche Tipps und Tricks sie haben und mit was man rechnen muss.

Die Stimmung war gut, nur das Wetter war leider schlecht. Wegen starkem Wind konnten wir nicht starten und setzten uns an unserem ersten Tag nur mental mit der Übungsaufgabe auseinander. Wie geht noch einmal das Winddreieck? Was ist bei einer Abtrift zu beachten? Wie lange brauche ich für die einzelnen Legs? Wie rechne ich den Spritverbrauch aus? Ganz schön anstrengend, aber richtig gut zum „Wiederreinkommen“!

Am nächsten Tag begann die Meisterschaft mit der deutschen Nationalhymne. Das war ergreifend, und erst jetzt wurde uns die Tragweite dieser Veranstaltung richtig bewusst.

Wettbewerbsleiter Michael Kania briefte uns. Auch wenn wir nicht mit der FIS unterwegs waren und nur mit unserer Wettbewerbsnummer auf der Platzfrequenz funkten, waren die Lufträume immer zu beachten und Sicherheit geht immer vor. Michaels Frau Eva sammelte sämtliche Handys und sonstigen elektronischen Geräte ein, mit denen man hätte navigieren können. Später bekamen wir sie versiegelt zurück. Auch die Innenräume der Flieger wurden daraufhin kontrolliert, ob auch alle Navigationssysteme gut abgedeckt waren, denn die Kurse mussten ohne Navi geflogen werden. Ein komisches Gefühl so ganz „ohne“. Detox pur!

Der erste Wertungsflug bestand aus einem sogenannten „Fotoflug“. Ziel war es, auf einem Streckenflug über verschiedene Wendepunkte den Kreis genau einzuhalten und Abbildungen auf Fotos (max. Abweichung 500 Meter) zu identifizieren. Diese mussten wir in der ausgegebenen Karte gut sichtbar mit dünnem Strich markieren. Wir stöhnten! Ein Jägerstand am Waldrand? Eine Güllegrube? Eine Hütte im freien Feld? Das waren schwierige Ziele, die nur gefunden werden konnten, wenn man den Kurs ganz genau flog. Lieber hätten wir nach einer schönen Kirche, einer Burg oder einem Schloss gesucht, aber das wäre ja viel zu leicht für eine Meisterschaft gewesen! Außerdem mussten entlang der Strecke eine unbekannte Zahl von Toren (Breite 600 Meter, max. Kursabweichung 300 Meter) korrekt durchflogen werden.

Nach dem Austeilen der Aufgabe befanden wir uns in der sogenannten „Quarantäne“, das heißt, wir durften den Hangar nicht mehr verlassen. Robert Mair, der für die Aufgaben und die Auswertung zuständig war, stand noch kurz für Fragen zur Verfügung. Als der Start freigegeben wurde, durften wir nur noch zu den Fliegern gehen.

Von den „Alten Hasen“ lernten wir, die Fotos ganz genau anzuschauen, ob es irgendwelche Schatten gibt, die auf eine Stromleitung hindeuten könnten, oder ob etwas vom Bild abgeschnitten war, das ein besonderes Merkmal im Umfeld sein könnte.

Die Trikeflieger schnitten sich die Bilder aus und hefteten sie mit Tesa auf oder um die Generalkarte, die sie auf stabilen Halterungen wasserfest angebracht hatten. So ein Mist! Eine Schere wäre doch noch hilfreich gewesen! Zu Hause hatte ich noch daran gedacht, es jedoch verworfen, sie einzupacken. Doch wir hatten Tesafilm und Marker dabei, die wir mit den anderen Teilnehmern gegen eine Schere austauschten. Hier herrschte ein faires Miteinander, das uns von Anfang an positiv aufgefallen war.

Wir fragten nach dem Wind. „Das steht alles auf dem Schwarzen Brett vorne“, erklärten uns unsere Nachbarn. Ein Blick darauf zeigte: Es herrschte Westwind mit 10 Knoten aus 270 Grad. Und es war kalt. Evtl. sollte es später noch regnen.

Die Trikeflieger taten mir leid, denn obwohl sie dick eingepackt waren, würden sie sicherlich frieren. Bei diesem Wind mussten sie alles festbinden, was nicht niet- und nagelfest war. Die letzten Schnüre befestigten sie kurz bevor es losging.

Dann ging es zu den Maschinen. Laut Startregeln waren wir die Zweiten, doch unsere Remos G 3 Mirage war noch gar nicht richtig warm geworden. Prompt verpassten wir den Slot und mussten bis zum Schluss warten. Vor uns starteten die Gruppen mit den zweisitzigen und den einsitzigen Dreiachsern, dann kamen die zweisitzigen und einsitzigen Trikes. Ganz zum Schluss durften auch wir endlich starten.

Gleich nach dem Abheben merkten wir, dass wir den Kurs zum Einflugpunkt Süd nicht aufgeschrieben hatten. Das fing ja gut an! Der sogenannte „EP-Süd“ befand sich in Bierstetten. Nun hieß es, nach Sicht zu fliegen und die Geländemerkmale mit der Karte abzugleichen. Mir wurde vor Aufregung richtig schlecht. Doch schon bald fing ich mich wieder und versuchte, mich mit der Situation zu arrangieren. „Betrachten wir das doch alles als schönen Ausflug und haben Spaß dabei!“, dachte ich. Und es ging ja auch nicht anders, denn zu allem Überfluss hatten wir auch keine Uhr zum Stoppen dabei, denn die war ja im Handy, das versiegelt worden war.

Also hieß es, sämtliche Planungen über Bord zu werfen und konzentriert die Tour abzufliegen. Dabei mussten wir jederzeit die Augen offenhalten für mögliche Fotoziele. Jede Nachlässigkeit würde mit einem Kursverlust bestraft werden und die Orientierung zu verlieren ist ein ziemlich mieses Gefühl, das man gerne vermeidet, wenn es irgendwie geht! Überraschenderweise war die Luft sehr klar und die Sicht sehr, sehr gut. Ich staunte über die schöne Landschaft, an der wir normalerweise achtlos vorbeifliegen. So ein Perspektivwechsel ist doch immer wieder gut!

Im Funk hörten wir, dass die ersten Wettbewerbsteilnehmer bereits zurück waren – und wir hatten gerade erst angefangen! Vor uns entdeckten wir ein Trike. Gott sei Dank, wir waren auf Kurs! Leider hatten wir noch immer kein Fotoziel gefunden. Auf halber Strecke sah ich dann kurz hintereinander zwei Bodenmerkmale, die fotoverdächtig waren. Juhu! Schnell wurden sie auf der Karte eingezeichnet und weiter ging‘s.

Nach gut anderthalb Stunden waren wir wohlbehalten zurück in EDTU, und das ganz ohne Navigationshilfe. Wir waren mächtig stolz!

Nach der Landung kamen wir zunächst erneut „in Quarantäne“, bis die Aufgabe und der Logger abgegeben waren. Später erfuhren wir von Ernst Graf, der u. a. für die Aufgaben und die Auswertung zuständig war, dass wir unseren Logger vor lauter Aufregung nicht aktiviert hatten und deshalb unser Flugkurs nicht gewertet werden konnte. Wir waren enttäuscht, weil wir beim Rundflug doch ein relativ gutes Gefühl hatten. Nun ja, es war nicht mehr zu ändern. Wir freuten uns trotzdem, dass ein Foto gewertet wurde, wir also schon zumindest auf diesem Abschnitt auf Kurs waren. Das hat uns angespornt, besser zu werden.

Schließlich konnten wir einen Pokal für den dritten Platz in unserer Wettbewerbsklasse ergattern. Das hat uns riesig gefreut und mit Stolz erfüllt!

Wir bedanken uns bei allen Organisatoren und Helfern, die dieses Event möglich gemacht haben. Hervorheben möchten wir die gute Verpflegung durch die Fliegergruppe Bad Saulgau, insbesondere Kathrin Kades, die auch für eine gute Heizung gesorgt hat. Wir haben uns sehr wohl bei Euch gefühlt und viele Impulse bekommen, Neues zu lernen und uns zu verbessern! Danke für die vielen Navigationsaufgaben, die wir mitnehmen durften. Eine haben wir schon abgeflogen, weitere werden ganz bestimmt folgen.

P.S.: Neben dem Fotoflug gab es auch noch andere Aufgaben, das heißt weitere Navigationsaufgaben, Ziellandungen und Kurzstarts über ein Hindernis.

Martina Schuler, Drittplatzierte (im Team mit ihrem Mann Johann Schuler) bei der 32. UL-DM